GlEtA: Gleisfreimeldung durch ETCS
Die Spezifikation des Europäischen Zugbeeinflussungssystems (European Train Control System – ETCS) beinhaltet die Möglichkeit, eine gesicherte Information zur Vollständigkeit (Integrität) des Zuges innerhalb des Position Reports anzugeben. Der Position Report beinhaltet Informationen zur Position der Zugspitze ausgehend vom letzten Ortungsdatenpunkt sowie dem Zustand des Fahrzeugs, wie dem vorliegenden Level und Modus. Der Report wird vom Fahrzeug in regelmäßigen Abständen oder ereignisorientiert an das Radio Block Center (RBC) gesendet. Zusammen mit dem Wissen zum Standort der Zugspitze, der Zuglänge sowie der Zugintegrität ist das RBC in der Lage, die tatsächliche Gleisbelegung zum Übermittlungszeitpunkt festzustellen. Das RBC kennt nun selbst den Frei- und Besetzzustand der Gleise. Gesetzt dem Fall, dass alle Fahrzeuge über die Integritätsprüfung verfügen, wird eine örtliche Gleisfreimeldeanlage entbehrlich. [5,10,31]
Die Einbeziehung der Information zur gesicherten Zugintegrität war vormals Alleinstellungsmerkmal des ETCS Level 3 (L3). Wegen der überwiegenden Deckungsgleichheit zu Level 2 (L2) entfiel in Baseline 4 (BL 4) das eigenständige L3. Die Funktion wurde in L2 integriert und bildet dort einen optionalen Bestandteil. Zur besseren Abgrenzung wurde im Jahr 2025 die Bezeichnung L2I für die Ausrüstungsvariante L2 mit Integritätsprüfung unter BL 4 eingeführt. [6,37]
Zur Feststellung der Integrität muss das jeweilige Fahrzeug (zusammen mit seinem Wagenverbund) mit entsprechender Technik (auch Train Integrity Monitoring System – TIMS genannt) ausgestattet sein. Gegenwärtig ist dies bei Bestandsfahrzeugen nicht der Fall. Neue Züge erhalten von Haus aus die Funktion zur Integritätsprüfung, wenn diese bestellt wurde [7,57]. Die Nachrüstung einer Integritätsprüfung bei Personenzügen erscheint wegen vorhandener bzw. möglicher Kommunikationsleitungen zwischen den einzelnen Wagen noch einfach realisierbar. Schwieriger gestaltet es sich bei den heute üblichen Güterzügen, die ohne technische Kommunikationseinrichtungen zwischen den Waggons daherkommen. Durchgehende Kommunikationsleitungen sind erst im Zuge der Ausrüstung mit der der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) geplant.
War für die Gleisfreimeldung bislang ausschließlich das Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) zuständig, wirkt nun mit der Integritätsprüfung das Fahrzeug des Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) an der Freimeldung mit. Es stellen sich daher Rechts- und Kostenfragen, die es bei der Ausrüstung und dem Betrieb der Fahrzeuge zu klären gilt. Auch sind betriebliche Abläufe zu definieren, wie bspw. bei einem ETCS-Ausfall in einem Fahrzeug zu verfahren ist, wenn dadurch keine Angaben mehr zur Position und damit der Gleisbelegung vorhanden sind. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die Positionsübertragung zum RBC mit der aktuellen Implementierung nur in gewissen Intervallen erfolgt. Für das Freifahren eines Weichenbereichs und einer damit möglichen Fahrstraßenauflösung ergeben sich technisch bedingte und durch Ortungsungenauigkeiten des Zuges zu berücksichtigende Verzögerungszeiten. [10]
Um eine schrittweise Einführung und einen Mischbetrieb von Zügen mit und ohne Integritätsprüfung zu ermöglichen, wurde die Hybrid Train Detection (HTD) spezifiziert, welche bis Baseline 3 (BL 3) unter dem Begriff Hybrid Level 3 (HL3) geführt wurde. Im neuen Bezeichnungssystem unter BL 4 erhielt die Ausrüstungsvariante im Jahr 2025 den Namen L2H [37]. Unabhängig von der Baseline wird im Folgenden der Begriff HTD verwendet.
Mit HTD wird weiterhin auf die Verwendung einer klassischen Gleisfreimeldeanlage gesetzt. Sie wird jedoch für bestehende bzw. weitläufige Abschnitte herangezogen oder dort, wo es aus Gründen einer schnelleren Fahrstraßenauflösung förderlich ist. Innerhalb eines klassischen Freimeldeabschnitts erfolgt anschließend eine kleinteilige Unterteilung in virtuelle Blöcke oder eine flexible Teilung durch Anwendung des Moving Block-Verfahrens. Ein Zug kann somit einem Zug mit Integritätsprüfung innerhalb der virtuellen Blockeinteilung (Fixed Block) oder des absoluten Bremswegabstands (Moving Block) folgen. Ein Zug ohne Integritätsprüfung darf die mit HTD ausgerüstete Strecke ebenfalls passieren, belegt hinter sich jedoch den gesamten Abschnitt des örtlichen Gleisfreimeldebereichs. Je mehr Züge mit Integritätsprüfung unterwegs sind, desto höher zeigen sich die Zugewinne bei der Leistungsfähigkeit der Strecke. Eine Einführung von HTD ist im Digitalen Knoten Stuttgart (DKS) geplant [7].
Im Folgenden wird HTD mit einer virtuellen Blockteilung (Fixed Block) vorgestellt.