Signalisierung zur Zugfolgeregelung

Grundlegende Prinzipien der Signalisierung und Möglichkeiten zur Verkürzung von Abschnittslängen.

SigZuA: Prinzipien der Signalisierung

Im Rahmen der Zugfolgesignalisierung wird einem Zug die Erlaubnis zur (Weiter-)Fahrt durch ein Hauptsignal erteilt oder verweigert. Die Information wird klassischerweise durch eine ortsfeste Signalisierung dargestellt, kann jedoch auch durch eine Führerstandssignalisierung erfolgen. Neben der Information zur grundsätzlichen Befahrbarkeit können die zulässige Geschwindigkeit sowie weitere betrieblich relevante Informationen signalisiert werden. Die Art und Weise der Signalisierung ist im jeweils zugrundeliegenden Signalsystem definiert und innerhalb der bahnspezifischen Signalordnung festgeschrieben. [1,3]

Im Folgenden wird eine Übersicht über die Grundsätze der Signalisierung am Beispiel ortsfester Signale im Bereich der Deutschen Bahn gegeben.

Vorsignalisierung

Die Regelung der Zugfolge erfolgt durch Hauptsignale, die die (Weiter-)Fahrt durch einen darstellbaren Fahrt- und Haltbegriff erlauben bzw. untersagen. Zusätzlich zur Zugfolgesignalisierung können Hauptsignale zur Anpassung an die Gegebenheiten des Fahrwegs eine zusätzliche Geschwindigkeitssignalisierung umfassen. [1]

Ein am Hauptsignal zu erwartender Signalbegriff wird im Regelfall durch ein Vorsignal angekündigt. Durch die Information am Vorsignal wird die Notwendigkeit zur Anpassung des Fahrverhaltens (Geschwindigkeit) an den zu erwartenden Hauptsignalbegriff vermittelt. [1]

Der Abstand zwischen Vorsignal und zugehörigem Hauptsignal ist derart bemessen, dass er mindestens dem (Betriebs-)(Regel-)Bremsweg entspricht. Dies ist zweckmäßig, da die Bremswege gewöhnlich die Weglänge zur Signalsicht überschreiten. Durch das Aufstellen eines Vorsignals im Bremswegabstand kann der Zug seine Geschwindigkeit in Hinblick auf ein die Fahrt einschränkendes Signal rechtzeitig reduzieren. [1,3,4]

 

Der (Regel-)Vorsignalabstand wird in Abhängigkeit von der zulässigen Geschwindigkeit sowie den Eigenschaften der Strecke gewählt. Er beginnt am Standort des Vorsignals und mündet am zugehörigen Hauptsignal. Er beträgt in Deutschland typischerweise 1000 m bei Hauptbahnen und einer Streckengeschwindigkeit > 100 km/h. Bei niedrigeren Geschwindigkeiten (<= 100 km/h) werden 700 m, auf Nebenbahnen 400 m angesetzt. [2,3]

Zur Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten oder betrieblichen Vorgaben kann von der angegebenen Abstandslänge in einem Bereich von -5 % bis +50 % abgewichen werden. Die mögliche Verkürzung (bei 1000 m auf 950 m) zielt auf einen früheren Bremseinsatz bei Sicht auf das Vorsignal ab. Die Maximallänge (bei 1000 m auf 1500 m) ist einerseits an die Erwartungshaltung gebunden, nach dem Vorsignal in einer gewissen Distanz das zugehörige Hauptsignal anzutreffen. Andererseits soll eine langsame Zufahrt nach dem Ablaufen von Bremskurven auf ein Halt zeigendes Signal über weite Distanzen vermieden werden. In Neu- und Ausbauprojekten von Hauptstrecken wird mit einem Regelvorsignalabstand von 1300 m geplant. [2,3,5]

Eine Unterschreitung des Abstands um mehr als 5 % bedingt eine Herabsetzung der zulässigen Geschwindigkeit, sodass sich zugleich der Bremsweg verkürzt. Die Information zum verkürzten Vorsignalabstand wird bei den Signalschirmen im H/V- und Ks-Signalsystem durch ein weißes Zusatzlicht vermittelt, wobei im Ks-System das Licht bei einem nicht die Fahrt einschränkendem Begriff abgeschaltet wird. Beim Ks-Signalsystem befindet sich das Weißlicht am oberen Signalschirmrand. [3]

Ist die unmittelbare Sicht auf ein Hauptsignal durch den im Bogen verlaufenen Gleisverlauf und/oder in die Sichtachse hineinragende Objekte und/oder die zeitliche Mindestsichtbarkeit des Hauptsignals nicht gegeben, werden Vorsignalwiederholer aufgestellt. Sie beziehen sich auf das rückliegende Vorsignal und kündigen ebenfalls den zu erwartenden Signalbegriff am Hauptsignal an. Da sie sich im verkürzten Vorsignalabstand befinden, erhalten sie auch ein weißes Zusatzlicht (beim Ks-System am unteren Signalschirmrand). Als Unterscheidungsmerkmal besitzt ein Vorsignalwiederholer jedoch kein Mastschild. [3]

Signalisierungsabschnitt

Die Abbildung fasst die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Angaben zusammen. Zusätzlich zum Begriff des (Zugfolge-)Abschnitts existiert der Signalisierungsabschnitt, der sich zwischen zwei aufeinanderfolgenden Haupt- und Vorsignalen erstreckt und das erforderliche Geschwindigkeitsverhalten ab dem jeweiligen Signalstandort umfasst. [1] Weiterhin ist zu beachten, dass der Abstand zweier, für die Zugfolge relevanter Signale mindestens 300 m beträgt. [3]

 

Ist dies nicht möglich, werden beide Signale am gleichen Standort angeordnet (untereinander an einem Mast) oder in einem gemeinsamen Schirm untergebracht (Mehrabschnittssignal). In diesem Fall stimmen (Zugfolge-)Abschnitt und Signalisierungsabschnitt überein. Zur Einsparung von Signalen wird die Verwendung von Mehrabschnittssignalen bevorzugt (siehe #8). [3]

Abschnittssignalisierung

Je nach dem zugrundeliegenden Signalisierungskonzept können im Hauptsignalschirm Informationen zu einem oder zu mehreren nachfolgenden Abschnitten dargestellt werden. Bei der Einabschnittssignalisierung liegt am Hauptsignal nur die Information für den unmittelbar folgenden Abschnitt vor. Ein Vorsignal kündigt separat den am Hauptsignal zu erwartenden Signalbegriff an. Bei kurzen Abschnittslängen können sich Hauptsignal und Vorsignal am gleichen Standort befinden (wie an Abschnitt 20 und 22). [2,3,4]

Die Einabschnittssignalisierung findet beim abgebildeten H/V-System oder auch beim Signalsystem in Österreich (siehe SigAT) sowie beim System L in der Schweiz (siehe SigCH #1) Anwendung. [2,4]

Zur besseren Unterscheidbarkeit wird hier und in den nachfolgenden Abbildungen der violett dargestellte Pfeil zur Vorsignalisierung von Signalschirm zu Signalschirm gezogen. Die eigentliche Vorsignalisierung erstreckt sich jedoch zwischen den Signalstandorten (analog zum Signalisierungsabschnitt aus #5).

 

Durch die Mehrabschnittssignalisierung kann ein Hauptsignal die Information zum unmittelbar folgenden Abschnitt sowie für mindestens einen weiteren Abschnitt darstellen, wodurch die Notwendigkeit separater Vorsignale entfällt. In diese Kategorie fällt die Zweiabschnittssignalisierung, wie sie bei den Signalsystemen Hl und Ks oder auch beim System N in der Schweiz (siehe SigCH #17) zum Einsatz kommt. Jene Systeme ermöglichen auch die Einzelabschnittssignalisierung mit herausgelöstem Vorsignal-Anteil, wenn die jeweilige Abschnittslänge den zulässigen Vorsignalabstand überschreitet oder ein verfrüht eingeleiteter Bremsvorgang bei vorsignalisierter Fahrteinschränkung aus betrieblichen Gründen vermieden werden soll. [2,3,4]

Sollen bei Beibehaltung von Abschnittslängen im regulären Vorsignalabstand höhere Geschwindigkeiten ermöglicht werden, kann der daraus resultierende, verlängerte Bremsweg durch die Dreiabschnittssignalisierung über zwei Abschnitte verteilt werden. Hierzu wird eine weitere Vorsignalisierungsstufe eingeführt, sodass ein Halt zeigendes Signal bereits zwei Abschnitte zuvor angekündigt wird und der Bremsvorgang früher eingeleitet werden kann (siehe nachfolgend in #9). [4]

Mit der Konzipierung des Sk-Signalsystems war die Einführung einer Dreiabschnittssignalisierung in Deutschland vorgesehen, um bei Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h signalgeführte Fahrten zu ermöglichen, ohne den Vorsignalabstand signifikant zu erhöhen. Aufgrund der Einführung der Linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB) mit einem anzeigegeführten Betrieb und einem damit möglichen Verzicht auf die Signalisierung an der Strecke, kam es jedoch nie zur Anwendung (siehe SigSk #25). Außerhalb Deutschlands wird die Dreiabschnittssignalisierung bspw. in Polen angewandt. In der Schweiz wird sie zur Verwendung kürzerer Abschnitte eingesetzt (siehe SigCH #24).

Zur Verringerung der (Mindest-)Zugfolgezeiten und einer damit verbundenen Kapazitätssteigerung wurden in Deutschland die weitergehenden Konzepte des Halbregelabstands und der abgestuften Geschwindigkeitssignalisierung eingeführt. Sie werden in SigZuB und SigZuC erläutert.

SigZuB: Halbregelabstand

Der Halbregelabstand ermöglicht die Halbierung von Abschnitten durch die Aufteilung des Bremswegs und die Anwendung abgestufter Signalbilder. Er wurde im Bereich der ehemaligen Deutschen Bundesbahn auf einigen hochbelasteten Strecken unter Verwendung des H/V-Systems in den 1950er Jahren eingeführt. Einige damit ausgerüstete Strecken bestehen bis heute fort. Mit Einführung des Ks-Signalsystems wurde das Konzept jedoch nicht weiterverfolgt und stattdessen auf die abgestufte Geschwindigkeitssignalisierung gesetzt (siehe SigZuC).

Bei der Verwendung des Halbregelabstands wird ein auf die Länge des Vorsignalabstands abgestimmter Blockabschnitt nochmalig in zwei gleich lange Abschnitte unterteilt, deren Längen dadurch dem halben Bremsweg entsprechen. Beide Abschnitte besitzen jeweils eigene Haupt- und Vorsignale, wobei das Prinzip zur Vorsignalisierung im vollen Bremswegabstand beibehalten wird. [2,4]

Ein Fahrtbegriff liegt erst vor, wenn zwei hintereinanderliegende Abschnitte frei sind. Der zu erwartende Halt-Begriff wird am Signalstandort des ersten der beiden Abschnitte vorsignalisiert. Das dazwischen liegende Hauptsignal wird betrieblich abgeschaltet und zeigt Kennlicht. Das Vorsignal am gleichen Standort zeigt den zu erwartenden Begriff (Halt) mit weißem Zusatzlicht als Wiederholer im verkürzten Abstand an. [2,4]

Diese (gekürzte) Videosequenz zeigt die einzelnen Signalbilder nach dem abschnittsweisen Freifahren der vorausliegenden Strecke am Stuttgarter Nordbahnhof.

Hier ist ein weiterer Durchlauf im Bahnhof Mainz-Kastel zu sehen.

Steht im Abschnitt ein Vorsignalwiederholer, der den Begriff eines aktuell betrieblich abgeschalteten Hauptsignals ankündigt, wird er ebenfalls abgeschaltet.

SigZuC: Abgestufte Geschwindigkeitssignalisierung

Durch den Einsatz von Geschwindigkeitsanzeigern an Hauptsignalen sowie zusätzlich verwendeten alleinstehenden Anzeigern kann das Geschwindigkeitsverhalten an den jeweiligen Fahrweg angepasst werden und einer Beschleunigung des Betriebsablaufs dienen. Hierbei können die zugehörigen Prinzipien auch zur Reduzierung der Zugfolgezeiten durch eine abschnittsweise Geschwindigkeitssignalisierung eingesetzt werden.

Heruntersignalisieren

Im ersten Fall ist die mit 20 km/h (auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Bundesbahn) zu erfolgende Fahrt an das Halt zeigende Zugdeckungssignal (siehe auch SigZdA) erst im späteren Verlauf zu erreichen, sodass eine schnellere Einfahrt (hier mit 50 km/h) am Hauptsignal erfolgen kann.

 

Das Foto zeigt einen derartigen Fall mit alleinstehendem Geschwindigkeitsanzeiger kurz vor einem Zugdeckungssignal.

Heraufsignalisieren

Ebenso kann eine Heraufsignalisierung erfolgen. Im dargestellten Fall wird die anfänglich zulässige Geschwindigkeit von 40 km/h bereits vor dem Ende des Weichenbereichs angehoben, da die nachfolgend durchfahrenen Weichen stets eine Fahrt mit 80 km/h ermöglichen.

 

Das Foto zeigt einen Geschwindigkeitsanzeiger mit vorgelagerten Weichen bei einer zuvor niedrigeren signalisierten Geschwindigkeit am Hauptsignal.

Abschnittsweise Signalisierung

Bei der abschnittsweisen Geschwindigkeitssignalisierung werden Abschnitte eingerichtet, deren Längen den gewöhnlichen Bremsweg der Strecke unterschreiten. Die abschnittsweise Vorsignalisierung bleibt bestehen. Gleichzeitig erfolgt eine Reduzierung des Bremsweges durch die Herabsetzung der in einem Abschnitt zulässigen Geschwindigkeit durch die Verwendung von Geschwindigkeitsanzeigern. Der eigentliche Bremsweg wird damit über mehrere Blockabschnitte bis zum Halt zeigenden Signal verteilt. [2]

 

Hat der vorausfahrende Zug einen Abschnitt freigefahren, erfolgt in den Blockabschnitten dahinter eine Aufwertung der Geschwindigkeitsbegriffe durch eine Hochsignalisierung.

Die Abschnittslängen sind in Abhängigkeit von der Geschwindigkeitssignalisierung flexibel wählbar und erfordern keine exakte Halbierung von Abschnittslängen wie beim Halbregelabstand. Je nach betrieblichen Erfordernissen kann die Anzahl an Geschwindigkeitsstufen frei gewählt werden. [1]

Besonders im Bereich von Stadtschnellbahnen (S-Bahnen) wird von einer feingliedrigen Unterteilung Gebrauch gemacht. [2] In dem Beispiel eines Signals am Bahnhof Berlin Gesundbrunnen ist die Hochsignalisierung sichtbar, nachdem vorausliegende Abschnitte schrittweise freigefahren werden.

Literatur

[1] Fachbuch Bahnsicherungstechnik: SigZuA, SigZuC
Fenner, W., Naumann, P., Trinckauf, J. (2003): Bahnsicherungstechnik. Publicis Corporate Publishing, Erlangen, 1. Auflage.
[2] Fachbuch Eisenbahninfrastruktur: SigZuA, SigZuB, SigZuC
Fendrich, L. & Fengler, W. (2019): Handbuch Eisenbahninfrastruktur. 3. Auflage, Springer Vieweg.
[3] Fachbuch Sicherung Schienenverkehr: SigZuA
Maschek, U. (2018): Sicherung Des Schienenverkehrs. 4 Auflage, Springer Vieweg.
[4] Fachbuch Systemtechnik Schienenverkehr: SigZuA, SigZuB
Pachl, J (2021): Systemtechnik Des Schienenverkehrs. 10 Auflage, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
[5] Richtlinie 819.0202: SigZuA
DB Netz AG (2012): Richtlinie 819.0202. LST-Anlagen planen. Signale für Zug- und Rangierfahrten; Hauptsignale

Versionierung

02.07.2024: SigZuA
#1: Umformulierung des Inhalts.
25.06.2024: SigZuA
Neuerstellung.
25.06.2024: SigZuB
Neuerstellung.
25.06.2024: SigZuC
Neuerstellung.